Hallo Sonnenschein
Wenn ich einer neuen Bekanntschaft meinen Beruf nenne, werde ich oft mit der Frage konfrontiert: "Und, äh, kann man das studieren?" Ja, kann man, muss man aber nicht. Unsere Berufsbezeichnung ist nicht geschützt, was bedeutet, jeder darf sich Schauspieler oder Schauspielerin nennen. Ich habe mich trotzdem für eine Ausbildung entschieden. Warum, weshalb, wieso kann ich dir gerne anhand einiger Fragen erklären:
Okay, warum habe ich mich für eine Schauspielschule entschieden?
Um es in der Branche ohne Ausbildung weit zu bringen braucht man entweder viel Vitamin B (sprich hilfreiche private Kontakte) oder unheimlich viel Talent – bestenfalls gleich beides. Ich entschied mich also, die Arbeit von Grund auf zu erlernen.
Welche Ausbildungsmöglichkeiten gibt es überhaupt?
In der Schweiz gibt es vier Schulen, die den Bachelor of Arts FH in Theater (eidgenössisch anerkanntes Diplom) verleihen dürfen. Diese sind in Zürich, Bern, Lausanne und Verscio stationiert. Ausserdem bieten viele Privatschulen eine Ausbildung im Bereich Schauspiel an.
War ich denn an einer staatlichen Schauspielschule?
Nein.
Warum nicht?
Bauchgefühl.
Aha. Und wie habe ich meine Schule ausgesucht?
Ganz einfach. Ich hatte Angst vor dem "Nein" nach einer Aufnahmeprüfung und setzte deshalb auf eine Privatschule mit Probezeit. Die Idee war eigentlich, nach 3 Monaten optimal für den Aufnahmeprüfungsmarathon vorbereitet zu sein.
Aber...?
Tja, als eine Studentin der Abschlussklasse uns Probezeitlern einen Monolog vortrug, war klar: Genau das will ich auch können! Ich arbeite so hart, dass ich an dieser Schule bleiben kann und alle Prüfungen bestehe. Zudem haben mir Teilzeitstudium und Kleingruppen sehr entsprochen. Später war ich dann natürlich von den Lerninhalten überzeugt.
Was habe ich da so gelernt?
Einerseits das eigentliche Handwerk unseres Berufes. Emotionen auf Knopfdruck abzurufen, Mimik, Gestik und vor allem Gedanken zu kontrollieren, eine Vorstellung zur eigenen Realität zu machen, Rollen zu verstehen, Spielpartner zu lesen und auf sie einzugehen. Natürlich gehören auch Sprechtechnik für ein akzentfreies Deutsch sowie Techniken fürs Auswendiglernen und die Rollenarbeit dazu.
Andererseits wurde ich in meiner Persönlichkeitsentwicklung unterstützt, habe mich selber intensiver kennengelernt, wurde mir meiner Werte und Moralvorstellungen bewusst. Je genauer ich weiss, wer ich bin und auch, wer ich nicht bin, desto besser kann ich in verschiedene Rollen schlüpfen und (ganz, ganz wichtig!) mich auch wieder von ihnen lösen. Auch eine realistische Einschätzung der eigenen Leistung und die nötigen Werkzeuge, um diese zu steigern, wurden trainiert.
Dazu kommen Informationen zur Branche, Tipps im Umgang mit Absagen und das Kennenlernen der wichtigsten Werke.
Würde ich die Schule weiterempfehlen?
Ich bin stolze Absolventin der Schauspielschule Vera Forster und empfehle sie aus vollster Überzeugung weiter.
Sonst noch was zu diesem Thema?
Eine Schauspielschule ist eine Lebensschule. Jeder, der die Möglichkeit hat, sollte einmal in eine reinschnuppern. Finde die für dich passende Schule (das muss nicht meine sein, du darfst aber auch gerne da anfangen, denn sie ist wirklich super – das ist meine ausgesprochen subjektive Meinung) und geh mal ein Semester oder Jahr hin. Das steigert die Auftrittskompetenz, hilft eigene Hemmschwellen zu überwinden und macht einfach riesigen Spass.
Und wenn du darauf keine Lust hast, mach etwas anderes. (Aus- und Weiter-) Bildung ist ein wundervolles Privileg. Nutze es, denn: Wer rastet, der rostet.
Herzlich,
ani.actress
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