Hallo Sonnenschein
Wenn ich dir erzähle, dass unser Hund heute zum ersten (und hoffentlich einzigen) Mal in die Wohnung gepinkelt hat und ich es nur bemerkt habe, weil ich mit dem Hausschuh komplett reingetreten bin... Allerdings bin ich erst im ganzen Raum umhergegangen und habe mich gefragt, warum ich klebe. Kaum wurde mir das doch recht ordentliche Ausmass des Malheurs bewusst, hatte sich die Korksohle meines Schuhs auch schon vollgesogen und mein Zeh lag gemütlich auf einer getränkten Kuscheleinlage. Würdest du dann lachen?
Mir wird immer wieder vorgeschlagen, doch Comedy zu machen.
Um witzig zu sein braucht es ja nicht allzu viel. Ein bisschen schön erzählt, ein wenig ausgeschmückt, eine Prise Sarkasmus und eine gespielt empörte Übertreibung. Schon hat man sein Gegenüber erheitert. Zu Grunde liegen wie so oft ganz banale Alltagsbegebenheiten. Im Idealfall hat etwas nicht geklappt, wie es sollte – auf jeden Fall muss der Zuhörende die Geschichte nachvollziehen und sich bis zu einem gewissen Grad mit ihr identifizieren können.
Wenn ich also meinen Eltern auf diese Weise die Geschichte von Herrn K. von der Krankenkasse (Herr K. war der (vermutete) Lehrling, der in meinen Augen noch weniger als ungenügend auf unseren Termin vorbereitet war und (schon nach kürzester Zeit gemeinsam mit seinem Chef, dem Filialleiter höchstpersönlich) dafür sorgte, dass ich statt mich umfassender versichern zu lassen – was eigentlich mein Plan gewesen wäre – sämtliche Verträge aufgelöst und mit Freuden die Krankenkasse gewechselt habe.) oder Frau V. von der Versicherung (Frau V. war die Person, die auf gar keinen Fall glauben konnte, dass ich mit der Schauspielerei keine Millionen mache und dafür sorgte, dass ich mit Bürokratie fast mehr Zeit verbrachte, als mit der Arbeit selbst – bis ich den Kontakt in einseitigem Einvernehmen resolut abgebrochen habe) erzähle, merken sie an, dass ich dies auch auf einer Bühne tun könnte.
Bei der Arbeit meinte mein ausländischer Kollege: "You should do stand-up – you are so serious it's funny!" Er war aber auch sehr leicht zum Lachen zu bringen. Es reichte schon zu schreiben, dass ich als waschechte Schweizerin die Löcher im Käse so sehr liebe, dass ich das Stück rundherum gerne anderen überlasse.
Ich liebe es, Menschen zum Lachen zu bringen! Es gibt nichts Schöneres, als jemanden unterhalten und gut gelaunt zu sehen. Ich bin gerne verantwortlich für Lacher und nutze dieses Talent auch, wenn es beispielsweise meinem Freund nicht gut geht. Es ist die einzige Form von Aufmunterung, die ich ein wenig beherrsche. Anders weiss ich nicht zu helfen. Von daher kann ich mir gut vorstellen, irgendwann ins Comedyfach einzusteigen.
Allerdings bin ich eher spontan lustig, und zwar nur bei Leuten, die ich gut kenne. Wenn ich weiss, welche Knöpfe ich drücken muss, welche Sprüche funktionieren und wie weit ich gehen kann. Hier sind die Erfolgschancen gross und ich muss auch nicht immer dieselbe Geschichte erzählen (wie beispielsweise mit einem fixen Programm). Angetrieben von der Reaktion in der Situation fällt es mir immer leichter, mich in die Rolle der Unterhalterin hineinzusteigern. Und wie du weisst, rutscht mir auch ab und zu ein lustiger Blogartikel aus den Fingern.
Als in der Warteschlange zum Dessertbuffet eines Geburtstagsplausches ganz unverhofft mit einem ehrlichen: "Ach, ich habe deinen Humor vermisst!" auf einen dummen Spruch meinerseits reagiert wurde, war ich hingegen ein wenig erstaunt. Denn so richtig kenne ich mich in Comedy doch nicht aus. Ich habe keine Ahnung von Timing oder dem Setzen von Pointen in einer zielführenden Dichte und Reihenfolge etc.
Deswegen bin ich momentan mit Plänen in diese Richtung auch noch vorsichtig (damit meine ich: Ich habe Schiss. Auf einer Bühne als lustig angekündigt zu werden und dann keine Lacher zu generieren... schwierig – um nicht zu sagen Albtraum!). Ein kurzer Ausflug in die Welt der Komik machte ich mit einem ca. 15-minütigen Miniprogramm (Gegenstand der Erzählungen waren unsere Amerikaferien – da kam definitiv genug Material zusammen) auf einer offenen Bühne. Es war ein tolles Erlebnis, hat aber auch viel Arbeit und Nerven gekostet.
Apropos Kosten; meine Vermutung wie der Name "Stand-Up Comedy" zustande kam: Stand up is called stand up because you are not paid well until you almost can't stand up anymore. Siehst du, nicht alle vermeintlich witzigen Gedanken sind auch lustig.
Herzlich,
ani.actress
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