Hallo Sonnenschein
Nach der Schauspielschule war eines meiner Ziele, mir mittelfristig ein Repertoire an Castingmonologen zu erarbeiten. Ein geeigneter Monolog ist typischerweise circa zwei Minuten lang und zeigt die Figur auf den Punkt gebracht. Textsicherheit und vor allem ein tiefes Rollenverständnis sind daher besonders wichtig. Die meisten meiner Prüfungsmonologe waren deutlich länger (zwischen 20 und 45 Minuten) und lebten von der Entwicklung oder dem Facettenreichtum der Rollen.
Es mussten also neue Monologe her. Ich begann begeistert, Theaterstücke zu durchstöbern und kaufte mir Monologsammlungen. Da ich sowieso sehr gerne lese und in verschiedene (Fantasie-)Welten eintauche, ist die Auswahl passender Rollen der reinste Genuss. Dazu kommt, dass ich diesmal in Eigenregie arbeite. Ich habe keinerlei Vorgaben oder Deadlines, einzig selber gesetzte Ziele leiten mich.
Glücklicherweise konnte ich mir im Laufe der Jahre eine gute Selbstdisziplin erarbeiten, das hilft. Und auch das Auswendiglernen fällt mir leicht. Ziemlich schnell ist ein neu gelernter Text in meinem Kurzzeitgedächtnis abgespeichert – genauso schnell ist er allerdings auch wieder vergessen. Um ein Repertoire aufrechterhalten zu können, brauche ich also viele Wiederholungen.
Natürlich bleibt es nicht beim Textlernen allein. Zum Rollenstudium gehören auch Recherchen, eine einfach gehaltene Inszenierung und ganz viel "Gedankenarbeit" – so nenne ich das eigentliche Verstehen der Figur jetzt einfach mal salopp. Schon bald schien mir das zu viel Aufwand. Du musst wissen, dass vorbereitete Monologe hauptsächlich für Theaterauditions gefragt sind. Für Castings von Filmprojekten werden meistens Szenen verschickt, E-Casting-Monologe definiert oder anhand von Vorstellungs- und Demovideos eine engere Auswahl getroffen.
Viele Regisseure möchten die Fähigkeiten des Schauspielers zudem gerne anhand von Improvisationen sehen, anstatt vorbereitete Rollen abzufragen. Ich persönlich musste zuletzt vor zwei Jahren einen Monolog ans Casting mitbringen (obwohl meine damalige Wahl im Nachhinein betrachtet nicht die klügste war und mich der Regisseur das auch spüren liess, wurde ich für eine Nebenrolle besetzt :D).
In den letzten Wochen habe ich mich aber wieder mehr mit Monologen befasst und mich dabei erinnert, wie meine Leidenschaft für den Beruf ursprünglich aufkam. Mit neuem Elan widme ich mich dem Kerngeschäft der Schauspielerei. Ich entdecke interessante Figuren, finde ihre Stimmen, inneren und äusseren Haltungen, ihre Bewegungen und probiere mich aus.
Ganz für mich allein erfahre ich neue Charaktere (stets mit dem Ziel vor Augen, nicht alles direkt wieder zu vergessen). Ich glaube, je mehr Rollen ich griffbereit haben werde und jederzeit mit einer gewissen Sicherheit verkörpern kann, desto selbstsicherer werde ich auch in anderen Castingsituationen auftreten können.
Gleichzeitig bleibe ich in der Übung und bilde mich (soweit ich das alleine kann) weiter. Vielleicht schneide ich auch ein neues Demoreel aus einigen Monologen. Das dauert aber bestimmt noch einen Moment. Ich bin nämlich noch nicht zufrieden mit meinem Spiel. Das werde ich vermutlich auch nie ganz werden, denn das Einstudieren einer Rolle ist ein unendlicher Prozess, aber ein wenig ausgereifter müssen meine Charaktere schon noch werden. Und ein klein wenig schwerer als in der Schule, wo ich regelmässig kontrolliert und korrigiert wurde sowie im ständigen Austausch mit Kollegen stand, fällt es mir schon. Eine neue Herausforderung, die sich für mich im Moment genau richtig anfühlt.
Nachteil vom Arbeiten ohne Deadline: Ich kann mir VIEL ZEIT LASSEN.
Vorteil vom Arbeiten ohne Deadline: Ich KANN mir viel Zeit lassen.
Ich kann MIR viel Zeit lassen.
Herzlich,
ani.actress
Falls du immer noch Zeit hast.... dann lass uns doch deine 25 Lieblingsfilme wissen? Mal gucken, ob ich 7 davon kenne..... ;-)
Ich werfe einfach mal einen Namen in die Runde.... Michael Cimino Ob er wohl irgendwo auf deiner Liste ist? ;-)