Alltag im Zug

Um den einzigen Termin an diesem Tag wahrzunehmen, musste ich mit dem Zug fahren. Ich gehöre zu den Menschen, die den öffentlichen Verkehr sehr gerne nutzen. Die Reise ist für mich bereits Teil des Erlebnisses und ich finde es immer wieder aufs Neue grandios, dass ich mehr oder weniger jederzeit an meinen Zielort gefahren werde.

Herrlich entspannt lehnte ich mich zurück und genoss den Blick aus dem Fenster. Bald schon galt meine Aufmerksamkeit allerdings dem Geschehen im Waggon selber.

Zwei Kinder marschierten durch den Mittelgang. Ihre Schuhbändel waren dabei so verknotet, dass der linke Fuss des älteren Jungen nur zeitgleich mit dem rechten des Jüngeren bewegt werden konnte. Während die anderen Fahrgäste ob der Lautstärke der Jungs die Augen verdrehten oder aber – ganz in ihr Telefon vertieft – nichts von der Szenerie bemerkten, amüsierte ich mich köstlich.

Das haben meine Schwester und ich früher auch immer gespielt. Macht total viel Spass! Wer weiss, vielleicht finde ich jemanden, der das auch heute noch mit mir machen würde – vielleicht auf einer weichen Wiese, idealerweise etwas abgeschottet von zu viel Öffentlichkeit? Wäre doch gelacht, wenn nicht auch Erwachsene Freude an solchem Unfug hätten...

Doch schon wurde ich wieder aus meinen Gedanken gerissen. Ein junger Mann stieg in den Zug ein. Als Gepäck hatte er einen mannshohen Spiegel dabei. Umrandet von einem weiss gestrichenen, schön geschnitzten Holzrahmen.

Lässig stellte er ihn auf den Boden. Fasziniert bemerkte ich, dass unter die Ecken jeweils ein zusammengeknüllter Plastiksack geklemmt war. Befestigt waren sie mit locker sitzendem Tesafilm. Ob das reicht? Hoffentlich müssen wir nicht heftig bremsen! Ist so ein riesiger Spiegel nicht wahnsinnig schwer? Wo er wohl mal stehen oder hängen wird?

Leider war meine Reise an der nächsten Haltestelle schon vorbei. Bestens gelaunt machte ich mich auf zu meinem Termin und freute mich bereits auf die Heimfahrt.

Herzlich,

ani.actress