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Der Waschmaschinenwahnsinn

Hallo Sonnenschein

 

Es ist der Alptraum aller Wohnungsmieter*innen, Hauptdiskussionsgrund in der Nachbarschaft, das Luxusproblem schlechthin: eine gemeinsam genutzte Waschküche. Da denkt man, wir leben in einer zivilisierten Welt, wo es uns so gut geht, dass wir anständig miteinander umgehen können – und dann geht man in den Keller und greift sich an den Kopf. Ich persönlich glaube, wenn nicht das ganze Haus von ehemaligen Klassenkameraden bewohnt wird, kann das nicht klappen.

 

Als wir eingezogen sind, wurde uns der absurdeste Turnus überhaupt vorgestellt: Wir sind sechs Parteien im Haus, gewaschen wird alle 14 Tage, dafür an zwei aufeinanderfolgenden Tagen, damit die Wäsche im Trocknungsraum hängenbleiben kann. Es hat seit ich hier wohne mässig funktioniert. Oder sagen wir ehrlicher, es hat überhaupt nicht funktioniert. Familien mit Kindern und Mieter mit einer angemessenen Anzahl an Unterhosen im eigenen Besitz lachen nur schlapp über "alle zwei Wochen" und machen, was sie wollen. Die Wäsche von beschäftigten Leuten hängt über Tage und Woche trocken an den Leinen, am zweiten (oder auch ersten) Waschtag wird regelmässig fremdgewaschen und der Tumbler geht aufgrund falscher Benutzung kaputt.

 

Ich passe mich an den vorgegebenen Rhythmus an und ärgere mich pünktlich alle 14 Tage grün und blau. Es gibt viele Mieterwechsel und die Sache verschlimmert sich exponentiell. Ich werde wahnsinnig. Da fällt mir Einstein ein – ein Mann vieler grossartiger Weisheiten. Zum Wahnsinn meint er: "Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu belassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert." Also lasse ich nichts beim Alten.

 

Kurzzeitige Erfolge zeigen sich, als ich Wäsche (inklusive Schuhe?!) aus dem Tumbler befreie und bei mir in der Wohnung lagere. Selbstverständlich hinterlasse ich einen Zettel auf der Maschine (ich habe mich beim Schreiben für die deutsche Sprache entschieden) und die Nachbarin klingelt – erst eine sehr lange Zeit später – ganz kleinlaut an meiner Tür. Weniger Nutzen bringt das liebevolle Stoppen der Waschmaschine mitten im Reinigungsprogramm mit anschliessendem Rausziehen fremder Wäsche (wahlweise in einem vorhandenen fremden Wäschekorb oder auf dem Boden zwischengelagert).

 

Als mir Ähnliches widerfährt und meine Wäsche an meinem Waschtag aus der Maschine genommen, im Tumbler verstaut und dieser für mich gestartet wird, habe ich endgültig die Nase voll. Die Person, welche jeweils den Jahreskalender bereitgestellt hat, ist schon länger nicht mehr im Haus und ich mache es auch nicht mehr. Soll sich doch wer anders kümmern. Es wird November, Dezember, Januar. Ich hänge den Plan auf. Ich wasche in ungeraden Wochen am Dienstag und meine Wäsche hängt bis Mittwoch. Es dauert keine drei Tage, ist mein Kalender vernichtet und es hängt ein neuer vor Ort. Jemand scheint sich daran zu stören, dass in diesem Haus seit jeher an Feiertagen (an ausnahmslos allen ausser an Sonntagen), gewaschen wird.

 

Auf dem neuen Plan wasche ich jetzt also nicht immer am gleichen Wochentag und manchmal mit noch mehr Tagen zwischen zwei Waschgängen. Ich atme tief durch, aktualisiere meinen Kalender entsprechend und halte mich an die neuen Regeln. Ich bin (gefühlt) die Einzige, die das tut. Im Folgejahr halte ich mich zurück und mache gar nichts. Das Amt ist schliesslich stillschweigend übergeben. Im März kaufe ich einen Kalender. Diesmal will ich mehr denn je eine Veränderung und ändere daher die Strategie. Im Kalender trage ich nunmehr nur mich selbst ein (ein Waschtag alle zwei Wochen (ich bin ein Gewohnheitstier), ich lasse die Wäsche wie alle anderen einfach hängen). Vielleicht klappt ein flexibleres System?

 

Der Kalender überlebt und es tragen sich drei weitere Parteien ein (zumindest für die nächsten Wochen (ich habe natürlich gleich das ganze Jahr eingegeben). Knapp eine Woche später kann ich meinen Plan nirgends mehr entdecken. Es hängen nun A4-Blätter in der Waschküche. Ah, nein, es ist nur ein Blatt. Der aktuelle Monat mit drei Zeitfenstern für jeden Tag. 07:00-12:00 Uhr, 12:00-17:00 Uhr, 17:00-Nachtruhe. An meinem nächsten Waschtag gibt es eine Doppelbelegung um 17 Uhr. Tut mir leid, ich arbeite, es wird auch abends noch gewaschen. Ich streiche die andere Wohnung durch.

 

Mittlerweile ist es uns tatsächlich gelungen, einen Weg zu finden. Irgendjemand druckt fleissig Papier, dieser oder ein anderer jemand gräbt meinen Kalender unter den Bedienungsanleitungen hervor und trägt meinen Namen an meinem Waschtag (mit Pfeil bis zum Abend) ein und andere Parteien waschen regel- oder unregelmässig, geplant und vorangekündigt oder auch nicht dazwischen. Bisher funktioniert das ebenso absurde System wie die Ursprungssituation ziemlich gut und ich musste tatsächlich erst einmal fremde Wäsche verschieben.

 

Was ist jetzt an der gesamten Geschichte absolut typisch für Schweizer*innen? All diese Transformationen erlebten wir, ohne dass wir miteinander gesprochen hätten. Mit dem Status quo bin ich zufrieden und dem Umweltargument gelingt es wieder mehr, meinen Wunsch nach einem eigenen Waschturm zu schwächen.

 

Herzlich,

ani.actress

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