Hallo Sonnenschein
Bekanntlich bin ich ein grosser Fan von Aha-Momenten. Ich finde es faszinierend, wenn ein einzelner Augenblick mit einer Lektion fürs Leben verknüpft wird und speichere diese Erfahrung gerne in meinem Langzeitgedächtnis.
Ein solcher Schlüsselmoment ereignete sich in meiner Jugend. Mein Zimmer war – wie vermutlich viele andere auch – komplett mit Postern tapeziert. Aus vielen Zeitschriften rupfte ich Bilder von Pferden, öffnete sorgfältig Heftklammern, um die Löcher im Gesicht einer bekannten Persönlichkeit nicht unnötig zu vergrössern. Bei mir hing alles, was mir gefiel. Bloss Künstlerinnen in meinem Alter gehörten nicht dazu.
Die Frauen, die das erreicht hatten, was ich mir damals für mich erträumte, verbannte ich aus meinem Zimmer. Ich konnte die nicht mögen. Bis ich eines Wochenendtages wieder mit Umdekorieren beschäftigt war – das war immer ein grosses Unterfangen, da ich nicht einzelne Poster ersetzte, sondern direkt alles runterriss und in stundenlanger Arbeit von Grund auf neugestaltete – und mich fragte, warum dem so sein muss.
Da habe ich realisiert, dass ich diese destruktiven Gefühle nicht länger haben möchte. Die jungen Frauen haben Grossartiges erreicht, arbeiten wahrscheinlich für ihren Erfolg und sind nicht selten sehr talentiert. Das ist ein Grund zum Feiern! Keine der Promidamen hat mir etwas getan. Keine hat mir eine Rolle vor der Nase weggeschnappt oder singt meine Musik. Ich hörte auf, den Erfolg anderer auf mich zu beziehen. Aus Vergleichen und Ängsten wurden Wohlwollen und ehrliche Freude.
Ich durchforstete meine Zeitschriften erneut und befestigte auffallend viele junge Künstlerinnen an meinen Wänden. Plötzlich fühlte ich mich in ihrer "Präsenz" nicht mehr bedroht, sondern energiegeladen und unglaublich wohl. Wir sind Gleichgesinnte, an unterschiedlichen Stellen unserer Wege. Die neuen Poster gaben mir Kraft. Ich sah nicht mehr Mangel, sondern verstand, dass wir in Fülle leben. Dass wir uns gegenseitig und auch selbst loben dürfen und feiern müssen. Ich gönn(t)e und träum(t)e.
Herzlich,
ani.actress
PS. Hier noch ein weiterer Schlüsselmoment als kleines "Schmankerl": Als Kind wollte ich unbedingt eine Augenbraue anheben können, ohne dass sich die andere mitbewegt. Minutenlanges Üben, wann immer ich an einem Spiegel vorbeikam. Da war ein Zucken! Ganz leicht nur, aber hier im Seitenspiegel des Sportwagens meines Vaters, ist nach angestrengtem Fokussieren eine ganz leichte isolierte Bewegung wahrnehmbar. Schnell alle im Auto informieren und die Party starten. Mir wird klar, es kann viel mehr Wirklichkeit werden, als ich geglaubt hätte. Geht nicht gibt's nicht.
Das ist eine ganz schöne Wandlung! Danke, hast du sie mit uns geteilt! Neid ist kein gutes Gefühl! Ich kann noch heute nicht mit dem rechten Auge zwinkern, aber geübt habe ich es auch noch nie! ;-)
Liebe Grüsse edf