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Bizeli Bi

Hallo Sonnenschein

 

Hier wurde schon länger nicht mehr über Sexualität geschrieben. So ein schönes Thema! Vielleicht gehöre ich einer speziellen Generation an, aber ich verstehe nicht ganz, wieso Liebe und Geschlechtsverkehr so tabuisiert sind. Wäre ein bestimmter Satz in meiner Jugend nicht gefallen (andere Geschichte), würde ich eventuell sogar in einem Sexshop arbeiten oder so.

 

Heute soll es um Liebe für alle gehen. Meiner Meinung nach sollte es völlig klar sein, dass jede*r wen oder was auch immer lieben darf. Ich verstehe nicht, wo hier ein Problem sein soll. Und wenn ich ehrlich bin, verstehe ich auch das Konzept des Verratens, wo die Liebe hinfiel, nicht ganz. Warum ist es in unserer Zeit so wichtig, allen zu erklären, wie man orientiert ist? Reicht es nicht einfach, zu teilen, dass Liebe ins Leben kam, und können wir uns dann nicht einfach alle kollektiv freuen?

 

Aber gut. Ich konzentriere mich hier auf meine Erfahrungen, da ich in persönlichen Gesprächen immer wieder feststelle, dass mein sexueller Werdegang (bzw. den Teil, den ich teile – mit einer Enttabuisierung will ich ja nicht die Magie der Privatsphäre zerstören) erstaunt, zum Nachdenken anregt und auf grösseres Interesse stösst, als ich jeweils erwarte.

 

Obwohl ich mir heute nicht vorstellen kann, mit einer Frau im Bett zu landen, galt meine erste Verliebtheit einem Mädchen. Sie war eine toughe, wenig feminine junge Frau und ich habe mich (Jahre später) auch mal gefragt, ob sie vielleicht ein Mann ist. Jedenfalls glaubte ich, lesbisch zu sein und fand das alles andere als toll. Aber nicht wegen der Liebe oder dem Geschlecht.

 

Ich dachte (im Primarschulalter): "Na bravo, ich gehöre vermutlich zu einer Minderheit, deren Sexualität in Bereichen Thema ist, wo sie keins sein sollte und bei heterosexuellen Personen auch nie ist. Bestimmt werde ich mein Leben lang ab und zu schief angeschaut, wenn ich jemanden küsse (wenn es nicht sowieso zu Anfeindungen kommt) und mein Verhalten könnte mit meiner sexuellen Orientierung verknüpft werden. Gar keinen Bock auf den Mist – hoffentlich behalte ich unrecht."

 

Ist das nicht krass, dass ein Kind (notabene eines, das in einer sehr aufgeschlossenen und liebevollen Umgebung aufwächst und die hundertprozentige Sicherheit hat, dass die Familie immer hinter ihm steht) sich solche Gedanken macht? Mir war bewusst, dass lesbische Frauen gesellschaftlich irgendwie nicht gleichgestellt sind, dass Ausgrenzung stattfinden wird. In einer Phase der Entwicklung, in der Anschluss und "Dazugehören" essenziell sind, schien das besonders problematisch. Wieso lassen wir das zu? Warum sprechen wir nicht früher und offener über Liebe? Warum ist Sexualität so ein grosses Thema? Woher kommt der Hass und was geht uns das alles überhaupt an? Wenn alle Beteiligten glücklich sind, spielen Details doch absolut keine Rolle?

 

Kurz darauf begannen mich Jungs zu faszinieren und ich war gleichermassen verwirrt und erleichtert. Heute bin ich sehr glücklich in meiner langjährigen heterosexuellen Beziehung, freue mich, wenn ich attraktive Männer sehe (nicht selten spiele ich "würde ich/würde ich nicht (von der Bettkante stossen)" im Kopf – verwerflich, ich weiss, macht aber sehr viel Spass) und kann es kaum glauben, dass sich bei allen Frauen, die ich spannend finde, sofern die Bekanntschaft gut genug ist, herausstellt, dass sie tatsächlich lesbisch sind. Und auch die Person, von der ich dachte, dass ich sie heiraten würde und gleichzeitig wusste, dass das aufgrund des Geschlechtes (und ausschliesslich aus diesem Grund) nicht geht, lebt heute in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Wäre also wohl doch möglich gewesen, hätten wir jemals darüber gesprochen?

 

In angebrachter Gesellschaft spreche ich über sexuelle Orientierung, Fantasien, Sexspielzeuge oder Orgasmen. Mein Partner und ich machen uns einen Spass daraus, andere mit unserer offenen Einstellung zum ernsthaften Nachdenken anzuregen und lieben uns nur noch mehr, wenn jemand sagt, dass wir ungewöhnlich vertrauen. Ich wünsche mir diese Sicherheit und blindes Vertrauen für jede*n und hoffe, dass ich tagtäglich dazu beitragen kann, die Welt ein Stück weit in diese Richtung zu schubsen.

 

Somit schliesse ich mein Plädoyer für mehr Offenheit in der Liebe, Leichtigkeit in der Sexualität und Ungezwungenheit in der Akzeptanz.

 

Herzlich,

ani.actress

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