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Autorenbildatalanta.pferd

Catullo

Hallo Sonnenschein


Wir haben einen Hund adoptiert.


Tiere mag ich schon seit eh und je, ich reite, wir hatten Meerschweinchen und Ratten. Auch mit einigen Hunden hatte ich eine enge Bindung.


Die Hündin meiner Grossmutter war die perfekte Gesellschaft für ein kleines Nickerchen auf dem Fliesenboden, im Quartier wurde ein Weg von uns nach einem Nachbarshund, mit dem ich hin und wieder spazieren durfte (und der mir einmal ins Naturschutzgebiet ausgebüxt ist) benannt, die Nachbarshündin meiner Grosseltern musste für jeden Trockenfutterwürfel eine Aufgabe erledigen, wenn ich vor Ort war – wir verbrachten unzählige gemeinsame Stunden im Garten und manchmal auch im Wohnzimmer vor dem Fernseher – und die Hündin einer anderen Nachbarin legte sich dank meinem intensiven Training auf ausgiebigen Spaziergängen (ich wollte ihr beibringen, dass sie sich einmal über den Rücken rollt, quasi vom liegenden "Platz" bis wieder ins "Platz") auf den Rücken, wenn sie etwas unbedingt wollte, was die Besitzerin oft zum Schmunzeln (und vielleicht auch mal zur Verzweiflung?) brachte. Logisch, dass auch ich als Kind immer einen Hund wollte.


Meine Eltern waren dagegen. Meine Mutter vermutete, dass sie die Verantwortung tragen müsste und das Tier auch hauptsächlich versorgen würde – wie sie da wohl draufgekommen ist?


Dass mein Herzenshund Gismo nicht bei mir sein neues Zuhause fand (diesmal waren meine Eltern nicht das Problem), darüber bin ich auch heute noch nicht komplett hinweg. Einige Jahre später zog ich mit meinem Freund in eine Wohnung, in der grundsätzlich keine Haustiere gehalten werden dürfen. Somit war das Thema "endgültig" vom Tisch.


Bis vor Kurzem.


Vor einem halben Jahr haben mein Freund und ich das erste Mal konkret über ein potenzielles vierbeiniges Familienmitglied gesprochen. Immer häufiger kommt das Thema auf, immer öfter überlegen wir in Alltagssituationen, was unser Hund gerade tun würde. Schliesslich sind wir uns einig.

Ich beantrage bei der Verwaltung eine Bewilligung zur Haltung eines Hundes und kriege sie leichter als gedacht. Wir machen uns Gedanken zu Grösse (ganz klein oder riesig vs. mindestens bis zum Knie), Alter (erwachsen vs. egal, Hauptsache verspielt), Wesen (ruhig, beständig, clever, muss Charakter haben vs. lustig, wild, darf auch tollpatschig sein) des Hundes und finden Kompromisse. Viiiiele Kompromisse. Dann lassen wir uns von einer Hundetrainerin beraten. Ich beschliesse den perfekten Abholtermin und durchforste Tierheime in der Umgebung nach einem Traumhund. Eine Absage und ein sehr spezielles Telefonat verunsichern mich ein wenig, doch dann geht alles plötzlich ganz schnell.


Drei Hunde werden uns an einem Nachmittag im Tierheim vorgestellt. Als erstes betritt Catullo den Raum. Er hat die perfekte Grösse, wedelt freudig mit dem Schwanz und rennt direkt zu meinem Freund. Er hat ihn sich ausgesucht. Zwei Tage später stellen wir fest, dass sowohl mein Freund als auch ich bereits in diesem Moment denken: "Wieso müssen wir überhaupt noch weitere Hunde anschauen?" Der zweite Hund ist etwas ängstlich, folgt uns im Gegensatz zu Catullo aber willig auf einen Spaziergang und hat als Collie-Mischung einen total schönen Kopf (Catullo gefällt uns rein optisch trotzdem noch besser). Der dritte Hund ist gross, ungestüm, verschmust und zu allen Schandtaten bereit. Mein Bauchgefühl sagt sofort, Nummer drei ist es nicht. Glücklicherweise ist er mittlerweile vermittelt und wir lernen sogar die neue Besitzerin kennen – einen sehr guten ersten Eindruck macht sie auf mich!


Zwei Tage grübeln und besprechen wir hin und her. Dann steht fest, wir wollen Catullo. Eine weitere Woche später unterzeichnen wir den Vertrag und beginnen, Versicherungen abzuschliessen, den Ersteinkauf zu planen und einen ersten Tierarzttermin auszumachen. In den Sommerferien bzw. der Home-office-Zeit meines Partners wird Catullo bei uns einziehen.


Catullo hat Angst vor Geräuschen, Wasser und Strassen, bewegt sich nicht vom Tierheim weg, zieht hin und wieder an der Leine, mag keine anderen Hunde, fällt bei Begrüssungen in schier unkontrollierbare Begeisterungszustände, kennt noch keinerlei Kommandos und ist heikel bei Futter und Leckerlis – aber ansonsten ein super unkompliziertes Tier. Er ist schlau, lernwillig, neugierig, liebevoll und fasst langsam aber sicher Vertrauen zu uns.


Ich würde uns als gut vorbereitete – oder sagen wir vorbereitete – Ersthundehalter bezeichnen. Meine langjährige Pferdeerfahrung und unsere in letzter Zeit bewusst gestärkte Intuition helfen sicher, trotzdem kommt eine herausfordernde Zeit mit vielen Erfolgen, Rückschlägen, professioneller Unterstützung, Überforderung und ganz viel Liebe auf uns zu.


Zum Aufpassen verpflichten beziehungsweise zwingen wir kurzerhand meinen Vater. Er lernt Catullo bereits im Tierheim kennen und ist verständlicherweise absolut begeistert – 30 Minuten für fünf Schritte, für so eine Lektion in Sachen Achtsam- und Langsamkeit zahlt man andernorts viel Geld (also noch mehr als wir für den Hund bezahlen). Er kann sich auch nichts Schöneres vorstellen, als seine gesamte Freizeit mit einem so mühelos händelbaren fremden Vierbeiner in einer Wohnung eingepfercht zu verbringen. Somit ist Berufstätigkeit perfekt mit Hund vereinbar und dem Plan vom Haustier steht nun überhaupt nichts mehr im Wege.


Herzlich,

ani.actress

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