...
(An der neuen Anrede wird noch gearbeitet.)
Es ist ja bekanntlich so, dass dich Stillstand nicht weiterbringt. "Wer rastet, der rostet" usw. oder, um es mit den Worten Buddhas zu sagen: "Ein Mensch, der wenig lernt, trottet wie ein Ochse durchs Leben; an Fleisch nimmt er zu, an Geist nicht".
Gut, das ist eine wunderbare Einleitung. Allerdings muss ich auch zugeben, dass solche Weisheiten absolut gar nichts mit meinem Entschluss zu tun haben, das Klavierspielen zu lernen.
Der Grund ist ein ganz anderer. Ich liebe Musik. Ich war schon lange nicht mehr tanzen. Ich bin zu faul, um Gitarre zu üben. Ich kann nicht so oft duschen, wie ich gerne singen würde, und ich bilde mich gerne weiter.
So habe ich mir in den Kopf gesetzt, ein neues Instrument zu lernen. Dafür habe ich mir ganz modern eine App gekauft und mich hingesetzt. Nur ganz so einfach ist es dann leider doch nicht. Man muss wissen, dass ich weder überaus talentiert oder musikalisch bin noch Geduld zu meinen Stärken zählen kann. Dafür bin ich durchaus ein ehrgeiziger Mensch.
Folglich sitze ich jetzt jede freie Minute (und davon gibt es glücklicherweise einige) am Keyboard meines Freundes und gebe alles. Nach zwei Tagen der erste, herbe Rückschlag: Die Finger werden nummeriert. Sie werden ANDERS nummeriert. Anders als auf den Gitarrennoten.
Ich sehe also eine Note (im Bassschlüssel, den ich sowieso erst vor einer Minute kennengelernt habe), möchte die entsprechende Taste mit dem Zeigefinger anschlagen, bemerke dann die kleine zwei und drücke in letzter Sekunde panisch meinen Mittelfinger nach unten. Meine App ist daraufhin so freundlich mir mitzuteilen, dass ich wohl einen falschen Ton getroffen habe und die Übung automatisch wieder von vorne startet.
Liebe Musiker und Musikerinnen. Wieso? Wieso konntet ihr euch nicht von Anfang an auf ein sinnvolles System einigen und uns so viel Mühe ersparen? Ist es verboten, mehr als ein Instrument zu lernen? Mein Vorschlag, um die Welt zu verbessern: Wir nennen unseren linken Daumen 1, den Zeigefinger 2 usw. und verwenden rechts die ersten Buchstaben der lateinischen Bezeichnung unserer "digiti" (p i m a d). Aso ächt, cha doch nöd so schwär sii!
Natürlich bleibe ich Optimistin und finde mich mit der Situation ab. Wie flexibel ich doch dadurch werde, das kann nur ein Vorteil sein. Schliesslich sollte man in jeder Situation das Positive sehen. (Während ich das schreibe, trinke ich übrigens eine Tasse Tee und im Hintergrund schimmert das sanfte Licht der Kerzen, die ich eben angezündet habe. Es herrscht also eine Atmosphäre, in der man sich gar nicht ärgern kann. Theoretisch.)
Ich habe also beschlossen, nicht mehr auf die kleinen Zahlen zu achten, und mit Vollgas auf die nächste Schwierigkeit zuzudüsen. Akkorde – Zusammenklang von mehr als zwei Tönen mit verschiedener Tonhöhe. Es wäre natürlich hilfreich, wenn meine App auch über die Funktion "Erkennen von mehr als zwei Tönen mit verschiedener Tonhöhe" verfügen würde. Ich meine ja nur.
Dann hätte ich bei einem richtig gegriffenen Akkord auch kein rot markiertes tiefes C (Appsprache für: "Oh nein, diesen Ton hast du leider nicht getroffen, macht aber nichts, du darfst weiterspielen, ich lass es später einfach in die Bewertung einfliessen.") und würde endlich drei statt nur zwei Sterne für dieses dämliche, nein oberdämliche – Achtung, alle ohrwurmgefährdeten Menschen bitte nicht weiterlesen, sondern beim nächsten Absatz wieder einsetzen! – "Baby Shark" erhalten.
Phuu. Erwähnte ich Ehrgeiz?
Die drei Stunden Übungszeit (Bilanz: drei Sterne bei 12 von 20 Songs) von heute sehe ich übrigens nur zur einen Hälfte als Freizeit und zur anderen als Arbeitszeit. Letztendlich ist in der Schauspielerei jede besondere Fähigkeit ein Pluspunkt. Wirklich wahr. Ja, das Künstlerleben hat auch gute Seiten.
Herzlich,
ani.actress
PS: Selbstverständlich bleiben die unzähligen als richtig markierten Akkorde, die in meinen Ohren alles andere als richtig geklungen haben, hier unerwähnt.
Comentarios