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Autorenbildatalanta.pferd

Kleidershopping

Hallo Sonnenschein


Drei Mädels gehen Kleider kaufen. Wir suchen ein Brautjungfernkleid für Belles Schwester und mich. Belle wünscht sich, dass unsere Kleider hellblau sind und wir etwas finden, das uns richtig gut gefällt und wir somit auch nach der Feier gerne wieder anziehen. Wir Brautjungfern haben uns in den Kopf gesetzt, dass es sich bei unseren Kleidern um das exakt gleiche Modell handeln muss. Wenn schon, denn schon. Ausserdem soll das Kleid natürlich schön sein, idealerweise uns beiden stehen, also unsere Vorzüge hervorheben, ohne dabei die Aufmerksamkeit von der wunderschönen Braut abzulenken. Klingt simpel oder nicht?


Ich muss zugeben, im Kleiderkaufen bin ich keine Expertin. Es ist Jahre her, dass ich das letzte Mal in einer Kleiderabteilung stand und etwas für mich gesucht habe (Reitklamotten ausgenommen). Glücklicherweise ist meine Garderobe sehr voll und ich habe für jedes Wetter eine passende Auswahl. Hin und wieder erhalte ich T-Shirts von Freiwilligeneinsätzen oder werde mit einzelnen Kleidungsstücken aus der Verwandtschaft beschenkt. Es fällt mir daher leicht, in diesem Bereich auf die Umwelt zu achten und das Erste der fünf Rs umzusetzen (Refuse, Reduce, Reuse, Repair, Recycle).


Trotzdem sind wir im ersten Geschäft ziemlich effizient. Obwohl ich selbst vermutlich nicht zu hellblauen Kleidern für mich greifen würde (was mein Freund später folgendermassen kommentiert: "Wieso nicht? Du bist doch ein Winter-Typ, hellblau gehört also genau zu deinen Farben und müsste dir stehen, oder etwa nicht?" Eine Aussage, die mich gleichermassen verblüfft (wie konnte er sich das bloss wieder merken?) und mir den Wind aus den Segeln nimmt), finden wir gleich mehrere schöne Modelle. Ein kurzes Glitzerkleid gefällt mir am Bügel am besten, an mir jedoch überhaupt nicht. (Ich sehe aus wie Cinderella – das entspricht nun wirklich nicht meiner Persönlichkeit!) Ein weiteres wird von Belle direkt abgeschmettert. Ein Kleid mit romantischer Schnürung steht Belles Schwester und mir gleichermassen und wird nur noch (hauptsächlich aus Komfortgründen) von einem enger anliegenden Modell mit Paillettenbestickung und breiten Trägern übertroffen. Der Favorit ist gefunden, die nötigen Änderungen (momentan kann der untere Teil meines Kleides glatt als überdurchschnittlich vornehm gekleideter Mopp durchgehen) sind abgesprochen und die Kleider zurückgelegt.


Auf dem Weg zum zweiten Geschäft besprechen wir die Fazits. Da es sich um eine Hochzeit im Sommer handelt, würden wir kurze Kleider bevorzugen. Für die Kirche sollten die Knie allerdings bedeckt sein. Spaghettiträger fallen weg – die sind auf Dauer zu unbequem. Im Zug sprechen wir nochmals über Haare und Make-up, dann sind wir auch schon angekommen.


Zielsicher steuern wir auf die kurzen blauen Kleider zu, suchen die benötigten Grössen raus und stehen kurz darauf mit je fünf Kleidern über dem Arm vor den Umkleidekabinen. Sobald eine frei wird, quetschen wir uns zu zweit hinein. Während Belle draussen auf die Wertsachen achtgibt, heisst es für uns Reissverschlüsse auf und zu im Akkord. Von "griechisch angehaucht" über "Schwangerschaftsmode" bis hin zu "Politikerinnen auf Staatsbesuch" – im Aussortieren sind wir gut und mindestens eine von drei Frauen findet was auszusetzen. Es bleibt ein leichtes Sommerkleid mit Spitzentop.


Weiter zu den halblangen, den "Voku-Hila", und langen Kleidern. Interessant wird es beim Zweitletzten, welches wir anprobieren. Erst auf den dritten Blick stellen wir fest: Wir tragen gar nicht dasselbe Kleid! In den Farben Weiss und Mintgrün (auf dem Etikett steht "Schilf") gehalten, gibt es das Kleid in vierfacher Ausführung. Voku-Hila (ob am Bügel, an mir, an Belles Schwester oder von der Idee überhaupt – gefällt mir gar nicht) mit Neckholdervariation (findet Belles Schwester bei diesen Modellen absolut unbequem), Voku-Hila mit Trägern, lang mit Trägern und offenem Rücken und lang mit Neckholder. Dazu gibt es von der gleichen Marke in den gleichen Materialien und Farbtönen auch noch zwei kurze Kleider. Alle sind an unterschiedlichen Stellen mit silbrigen Pailletten und Steinen verziert.


Belle ist sofort begeistert. "Da könnt ihr jede für sich eines aussuchen und ihr passt trotzdem super zusammen!", ruft sie erfreut. Wir sind mit der Aufgabe ein klein wenig überfordert. Ich für meinen Teil möchte gerne von vorne das schöne Neckholder, von hinten den offenen Rücken und untenrum lang – also die einzige Kombination, die es nicht gibt. Belles Schwester möchte kein Neckholder – also nicht das einzige Kleid, welches in ihrer Grösse verfügbar ist. Wir probieren hin und her, versuchen verzweifelt, den Erwartungen aller drei Ladies gerecht zu werden und scheitern immer wieder. Wir schauen uns die Fotos aller Favoritenkleider auf Belles Handy an und ich stelle fest: Was sich unbequemer anfühlt, sieht von aussen besser aus. Gerade als ich befürchte meinen Gedanken "Leute, ich hab keine Lust mehr, also gar keine, können wir die Übung jetzt bitte abbrechen oder wenigstens wieder andere Kleider probieren – wir drehen uns hier im Kreis!" nicht mehr länger für mich behalten zu können, fällt eine Entscheidung.


Folgende Kleider dürfen mit: Für mich das lange Trägerkleid mit dem schönen Rücken in der kleineren Grösse (ich nenne es auch liebevoll das Oben-Sonnenbrand-unten-schweissnass-und-in-der-Mitte-kein-Atmen-möglich), für Belles Schwester dasselbe eine Nummer zu klein (das Natürlich-können-wir-hier-zehn-Zentimeter-dazubasteln-Hauptsache-wir-halten-am-Zwillingslook-fest) und als sichere Alternative ein kurzes (das Griechische-welches-Belle-und-mir-besser-gefällt-als-Belles-Schwester).


Ich mag mein Kleid total gerne. Es ist schlicht und auffällig zugleich, sehr elegant und dank Chiffon-Überrock trotzdem nicht zu sehr Abendgarderobe. Falls sich meine Meinung ändert, können wir es jederzeit umtauschen, wie Belle nochmals betont. Sie und ihre Schwester meinen, wir können die Kleider ja zu Hause nochmals in Ruhe tragen und auch zu den richtigen Schuhen kombinieren, um zu sehen, ob wirklich alles passt (Schuhe? Welche Schuhe? Brauche ich Schuhe? Diese Details bei der Vorbereitung – damit hatte ich irgendwie nicht gerechnet...).


Der Nachmittag wird als erfolgreich verbucht, wir hatten Spass, eine Sache kann von der Hochzeits-To-do-Liste gestrichen werden. Gedanklich mache ich eine kurze Notiz auf meiner eigenen Bei-einer-allfälligen-Hochzeits-To-do-Liste: Hochzeitsplaner*in fragen, ob "Kleider/Schuhe/Schmuck für Brautjungfer organisieren und entsprechend anpassen lassen" im Service inkludiert werden kann.


Herzlich,

ani.actress




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