Hallo Sonnenschein
Es gibt da so eine Geschichte, die ich laut Kollegin aus dem Quereinsteigerkurs erzählen soll, ...
Im Grunde ist es eine Abfolge von Geschichten. Ich bin gut darin, Leute davon zu überzeugen, dass Unmögliches möglich ist. Das gilt auch fürs Kochen. Du glaubst, bei Nudeln und Spiegeleiern kann nichts schiefgehen? Warte ab.
Angefangen hat alles, als ich noch viel jünger war. Ich war immer gerne in der Küche. In unserer ersten Wohnung lag ich dort auf dem Boden und habe Kassetten gehört. Auch mal mitten in der Nacht einen "Chasperli" auf voller Lautstärke (Mami hatte gesagt, ich darf die zweite Seite hören, sobald ich aufwache). Später genoss ich die Zeit, in der Mami den Zmittag kochte – und forderte diese vehement ein. Ich nuckelte am Daumen, sie klapperte mit Töpfen. Die Küche war ein Ort des Friedens.
In der Küche zu helfen hingegen, ist ein anderes Kapitel. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich freudestrahlend schnippeln und umrühren wollte, bereits als kleines Mädchen. Die Chance dazu hatte ich selten, denn Mami war einfach schneller, wenn ich nicht half (versteh ich nicht). Mit der Zeit verlor ich das Interesse.
Später sollten wir dann helfen. Wir, das sind meine Schwester (zweieinhalb Jahre jünger als ich) und ich (die ich meine gesamte soziale Energie bereits in der Schule aufgebraucht hatte). Da stand die kleine Schwester auf einem Schemel in der Küche und war stolz wie Bolle. Klar, die Zweitgeborenen dürfen alles früher. Sie hat sich wohl auch geschickter angestellt als ich (versteh ich nicht). Ich reagierte mit Trotz und langsam begann die Liebe zur Küche zu bröckeln. Die Ferienwohnungen, die ich mit zu wenig Geschirr und unendlichem Abwasch verbinde, taten ihr Übriges.
So gut es ging, hielt ich mich fortan von der Küche fern. In der Schule ging das sogar besonders gut. Kochen stand bei Gymnasiasten nicht auf dem Curriculum und da ich genau im richtigen Moment die Schule wechselte, war ich auch nie in der Hauswirtschaftswoche (an der alten Schule besuchten diese erst Drittklässler, an der neuen hatten sie bereits in der zweiten Klasse Hauswirtschaft). Die Folge war, dass ich bis heute nicht kochen kann (versteh ich nicht).
"Aber ein Spiegelei wird wohl gehen?", fragst du dich vielleicht. Dachte ich auch. Ich stand in der Küche einer Ferienwohnung, griff nach einem Topf und schlug das Ei auf. Da lernte ich: Für ein Spiegelei nimmst du eine beschichtete Pfanne und gibst Öl hinein, ein verbranntes Ei ist ungeniessbar und ein Vater, der die halbe Nacht einen fremden Topf mit Stahlwolle bearbeitet, noch mehr.
Um auch die Nudeln kurz zu erwähnen: Tortelloni schmecken nicht, wenn im Wasser kein Salz war. Der Wortschatz, um Rezepte zu verstehen, fehlt mir gänzlich und selbst wenn ich eine Füllung in fertigen Teig gebe und mittels "Maschineli" zuklappe, halten meine Teigtaschen nicht und der Inhalt verteilt sich in der Küche, noch bevor das Backblech erreicht ist (versteh ich nicht). Nein, die Küche ist nicht mein Lieblingsort.
Ich weiss nicht, was ich in der Küche soll. Alle Arbeiten, die anfallen, wiederholen sich endlos. Frühstück vorbereiten, Mittagessen kochen, Geschirrspüler einräumen, Kompost entsorgen, Abendessen kochen, Geschirrspüler ausräumen, Frühstück vorbereiten ... Und dazu gibt es fast immer eine Sauerei. Wir haben wirklich eine schöne Küche, ich stehe gerne am Fenster und schaue in den Innenhof – für maximal fünf Minuten. Dann beginnt sich Frustration breitzumachen. Der Genuss eines köstlichen Essens rechtfertigt niemals Zeit und Aufwand in der Küche. Ausser ich bin in die Vorbereitung nicht involviert, dann lohnt sich alle Zeit und jeder Aufwand. Ich esse sehr gerne.
Also habe ich einen Vertrag geschlossen. Bereits bevor ich mit meinem Freund zusammengezogen bin, stand fest: Er bekocht mich. Das musste er unterschreiben. So geniesse ich seit über fünf Jahren zwei von ihm zubereitete Mahlzeiten am Tag. Manchmal kocht mein genialer Freund auch schon am Vorabend, damit ich eine davon früh morgens zur Arbeit oder eben in den Quereinsteigerkurs mitnehmen kann. Ich leiste natürlich auch meinen Beitrag: Ich bestimme das Menü, welches er dann kocht (verstehe ich).
Herzlich,
ani.actress
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