Hallo Sonnenschein
Mit 25 habe ich mich für mein erstes Tattoo entschieden. Als Schauspielerin kann es (aus nachvollziehbaren Gründen) ein Nachteil sein, gut sichtbare Tattoos auf der Haut zu haben. Trotzdem habe ich mir den Wunsch letztlich erfüllt – und zwar an einem schönen Datum, wie ich im Nachhinein bemerkte.
Wie kam es dazu?
Anfangs mochte ich Tattoos nicht besonders, doch dann fand ich immer mehr Gefallen an den Hautbildern. Es gibt so viele ästhetische Tattoos! Fasziniert beobachtete ich, wie sie sich an die Bewegungen der Haut anpassen. Plus, tätowierte Menschen sind mir häufig sehr sympathisch. Bald kam der Wunsch nach einem eigenen Tattoo auf.
Ich überlegte insgesamt über vier Jahre lang, ob ich wirklich etwas stechen lassen möchte. Das Motiv war schon lange klar, es sollte symbolisch die wichtigsten Bereiche meines Lebens abdecken. In unregelmässigen Abständen suchte ich immer wieder nach dem/der perfekten Tätowierer/in. Ich schaute mir unzählige Arbeiten an und stiess schliesslich auf meine Tätowiererin.
Ausnahmslos jeder ihrer Entwürfe gefiel mir. Im kostenlosen Vorgespräch hatte ich das Gefühl, sie versteht genau, was ich haben möchte. Zufälligerweise war noch eine andere Kundin im Laden, die mir ihr Tattoo zeigte. Es war schon mehrere Jahre alt und sah noch immer absolut schön aus. Ich war überzeugt.
Von da an ging alles ziemlich schnell. Die Zeichnung musste nur leicht angepasst werden, um meinen Ansprüchen zu genügen – wie erwartet gefiel sie mir schon im Entwurf sehr gut. Ein Monat nach dem ersten Treffen wurde gestochen.
Wer wusste davon?
Ausser meinem Freund: niemand. Natürlich habe ich meinen Wunsch hin und wieder geäussert. Eine ehemalige Arbeitskollegin, welche selber auch tätowiert ist, hat meine Fragen vorab beantwortet und mir ihren Tätowierer für eine unverbindliche Zeichnung vermittelt (die Zusammenarbeit kam jedoch nie zustande, da mich sein Stil nicht 100%ig angesprochen hat). Das ist jetzt neun Monate her – war also eine ganze Schwangerschaft vor meinem Tattoo.
Ansonsten musste ich das mit mir selber ausmachen. Ich kannte die Bedenken meiner Eltern ("Im jungen Alter ist so ein Tattoo vielleicht schön, aber auf 60-jähriger Haut?" und "Auf keinen Fall sollte man einen gesunden, schönen Körper absichtlich verletzen/verschandeln"), die Warnungen meiner Schauspiellehrerin und die fehlende Begeisterung meines Freundes. Am Ende war es wie immer: Es hat sich einfach richtig angefühlt und die Umstände haben gepasst.
Wie wars?
Ehrlich gesagt total angenehm. Wie eine Massage, bloss intensiver. Ich finde, tätowiert zu werden fühlt sich an, als ob jemand eine Rasierklinge über die Haut zieht, dabei aber nie so tief eindringt, dass es wirklich schmerzt.
Ich hatte vier Stunden der Entspannung und interessante Gespräche mit meiner Tätowiererin. Ich liess sie kleine Details perfektionieren und schon war das Tattoo (nach nur einer Sitzung) fertig. Den freien Nachmittag (ich wusste ja nicht, wie ich reagieren würde, und habe mir deshalb den ganzen Tag freigeschaufelt) genoss ich gemütlich im Bett. Die Haut spannte leicht und erinnerte mich daran, dass sie gerne heilen möchte und ich die darunterliegenden Muskeln doch bitte nicht benutzen soll.
Ich war vom Ergebnis von Anfang an begeistert und habe das Tattoo noch keine Sekunde bereut.
Reaktionen?
Belle kennt mich einfach zu gut. Sie hat am Telefon direkt alles erraten. Zum Glück hat sie ganz euphorisch reagiert und freut sich sehr für mich. Sie ist auch nur ein ganz klein wenig enttäuscht, dass ich sie nicht früher mit einbezogen habe.
Meine Eltern reagierten enttäuscht und verstehen die Welt nicht mehr. Meine Schwester steht wie immer voll und ganz hinter mir.
Mein Freund war anfangs zurückhaltend und wollte sich erst äussern, wenn die Folie abgenommen wird. Mittlerweile findet er es ganz schön, glaube ich.
Und jetzt?
Ich kann mir durchaus vorstellen, noch weitere Tattoos stechen zu lassen. Mist, genau das hatte ich befürchtet... Jedenfalls zwinge ich mich vorerst dazu, es bei einem zu belassen. Im Grunde ist mein Tattoo ein abgeschlossenes Gesamtbild und ich finde, reifliche Überlegung sollte die Grundlage für jedes Tattoo bilden, denn es bleibt.
Hier möchte ich anmerken, dass ich niemanden dazu animieren möchte, sich tätowieren zu lassen. Meiner Meinung nach ist jeder Körper auf seine eigene Art wunderschön und keine Veränderung kann dich schöner machen. Geh deinen eigenen Weg und triff deine eigenen Entscheidungen, aber lass dich nie von aussen dahingehend beeinflussen, etwas vorschnell nachzuahmen.
Mein Artikel beschreibt hauptsächlich die äusseren Effekte einer Tätowierung. Ein Tattoo ist und bleibt aber auch ein Gesundheitsrisiko (von kurzzeitig auftretenden allergischen Reaktionen bis hin zu möglichen Langzeitschäden, über die es noch keine aussagekräftigen Studien gibt). Auch wenn die Farben immer "gesünder" werden, und die geforderten Hygienestandards in Tattoostudios immer strenger kontrolliert werden, beim Tätowieren bringt man Giftstoffe unter die Haut.
In ein paar Wochen darf ich mich zum ersten Mal im Abdecken des Tattoos üben. Idealerweise kann ich so viel Schminke draufklatschen, dass es unsichtbar wird und ich meinen Job (mit ein wenig mehr Aufwand) problemlos weiter ausüben kann.
Update: Abdecken klappt mehr schlecht als recht, aber immerhin. Dafür habe ich jetzt neue Fotos von mir mit sichtbarem Tattoo – sie werden auf meiner Website aufgeschaltet.
Herzlich,
ani.actress
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