Hallo Sonnenschein
Ein Traum geht in Erfüllung. Oder besser: Ich erfülle mir einen Traum. Dank meiner Teilzeitstelle mit flexiblen Diensten und die Aufgabe jeglicher fixen Zukunftspläne bleibt genügend Zeit für das Verfolgen meiner Interessen.
Für mich war nach der Schule klar, dass ich keinen akademischen Weg einschlagen und klassisch studieren werde. Jetzt, knapp 10 Jahre später (so lange ist mein Schulabschluss tatsächlich schon her, auch wenn ich gerade gestern (mal wieder) gefragt wurde, ob ich die Lehrtochter sei), verspüre ich wieder den Drang, mich zu bilden.
Die äusseren Umstände (finanzielle Mittel, flexible Zeiteinteilung, geregelter Haushalt, erfüllende und unterstützende Partnerschaft) erlauben eine Aus- oder Weiterbildung und so frage ich mich für den Bruchteil einer Millisekunde, wofür mein Herz schlägt. "Bücher, Tiere ..." startet es eine längere Aufzählung. Ich höre nicht weiter zu. Wir beginnen einfach bei Punkt eins und sehen dann weiter. Im Netz finde ich die perfekte Gelegenheit. Mit einem lauten "Klick" bin ich zum Quereinstieg Buchhandel angemeldet. (Das entspricht zwar nicht der ganzen Wahrheit, aber der Umweg über Infoveranstaltung, Schultage freinehmen, Kursgeld ansparen und auf ein Zustandekommen der Klasse hoffen, schreibt sich einfach nicht so schön.)
Den Anfang macht ein humorvoller Dozent, seines Zeichens Autor und Verlagsmitarbeitender. Wir sitzen mehr oder weniger freiwillig an u-förmig ausgerichteten Tischen und machen fleissig Notizen. Die beruflichen Hintergründe der Teilnehmenden sind divers. Ebenso die Persönlichkeiten. Die grosse Leidenschaft für Bücher hingegen verbindet alle.
Der Unterricht ist spannend, wir sprechen über Literatur und Kennzahlen, lernen, wie Bücher entstehen und ein Plakat effektvoll gestaltet wird. Es geht um Geschichte, Beratungsgespräche und Bibliografieren. Zu Hause wälze ich den Theorieordner, repetiere und lese.
Ich freue mich immer sehr auf die Kurstage und auf meine Klassenkameraden. Mittlerweile sind wir eine eingeschworene Gemeinschaft. Längst ist es in Fleisch und Blut übergegangen, die Dozenten auf Hochdeutsch als Unterrichtssprache hinzuweisen, weil dies für eine Person wichtig ist. Unser Chat lebt von Bildern und Buchempfehlungen, wir tauschen uns aus, wenn der Unterricht doch mal etwas schwerfällig verläuft, und unterstützen uns gegenseitig, wenn Fragen aufkommen. Als unsere selbst verfassten Lesebiografien nicht in der Klasse geteilt werden, da die Dozentin eine solche "Veröffentlichung" nicht angekündigt hatte, machen wir sie nach dem Kurstag wie selbstverständlich doch den anderen zugänglich. Wer seine nicht teilen möchte, teilt sie nicht. Fragen stellt niemand, Druck wird keiner aufgebaut.
Es sind dieser Zusammenhalt, die spannenden Themen rund ums Buch und die unendliche Freiheit, das neu gewonnene Wissen so zu nutzen, wie es für mich gerade passt (erst mal einfach nur für mich privat, aus Freude und ohne festen Plan, aber mit der Möglichkeit, jederzeit im Buchhandel arbeiten und ein fundiertes Basiswissen als Ausgangslage mitbringen zu können), die mich in diesem Moment glücklich machen.
Nächste Woche treffen sich ein paar von uns zum Mittagessen, vielleicht schaue ich vorher noch bei einer Kollegin in der Buchhandlung vorbei und dann wird es wohl Zeit, mit der Abschlussarbeit zu beginnen. Wenn alles glatt läuft, halte ich im Sommer schon ein Diplom in den Händen, das ich mir mit Leidenschaft und Leichtigkeit erarbeitet habe. Danach schnappe ich mir Belle und wir gehen Punkt zwei der Liste an – ich kanns kaum erwarten. Leben, ich komme – ach, Quatsch, ich bin voll da!
Herzlich,
ani.actress
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