Hallo Sonnenschein
Man möchte meinen, der Schritt vom bewussten Essen zu einer rein pflanzlichen Ernährung sei kein so grosser. Ich für meinen Teil habe ihn unterschätzt.
Schon länger achte ich auf eine ausgewogene Ernährung und reduziere meinen Fleischkonsum auf ein Minimum. Seit Anfang des Jahres entscheide ich mich nun ganz auf tierische Produkte zu verzichten. Hauptgrund dafür ist gelebter Klimaschutz.
Es ist gemeinhin bekannt, dass wir mit unserer Verwertung von Nutztieren ein wenig über die Stränge schlagen, daher haben mein Freund und ich uns in letzter Zeit stets bemüht, nicht mehr als ein- bis zweimal pro Woche Fleisch zu essen. Immer wieder wurden wir auf moralische, gesundheitliche und eben klimaschutztechnische Nachteile des Fleischkonsums aufmerksam gemacht (einen besonderen Hype gab es ja um "Cowspiracy", eine Dokumentation, welche auf Netflix erschien). Eine weitere, gut recherchierte Doku* hat mich Anfang Dezember dazu gebracht, komplett auf eine vegane Lebensweise umzustellen. Mit einem grossen Seufzer lässt sich auch mein Freund auf das Projekt "veganer Haushalt" ein.
Für die Umstellung lassen wir uns viel Zeit. Da die Entscheidung sowieso im Dezember fällt, nehmen wir die leckeren Weihnachtsessen noch mit und beschliessen, erst ab Januar keine tierischen Lebensmittel mehr zu kaufen. Zunächst brauchen wir unsere Vorräte auf, auch auswärts sind wir nicht ganz so streng (ein geschenktes Buttergipfeli? Immer her damit!). Von unserem tollen Eierabo, bei dem wir einen Aufpreis bezahlen, damit auch männliche Küken nicht gleich geschreddert werden, sondern eine kurze Aufzucht geniessen dürfen, können wir uns vorerst ebenfalls nicht trennen.
Langsam gehen die Vorräte aus und wir beginnen Vitamin B12 zu supplementieren (bis heute die einzige Massnahme, die wir aufgrund der veganen Ernährung getroffen haben). Geschenkte Schokolade wird immer häufiger abgelehnt und schliesslich künden wir unser Eier-Abo und unterstützen stattdessen monatlich einen Gnadenhof mit einem kleinen Betrag.
Das Einkaufen dauert ewig (glücklicherweise ist unser unverpackt-Laden vegan. Wenigstens da müssen wir nicht länger studieren) und wir lernen viel über unser Essen. Von einigen geliebten Produkten verabschieden wir uns mental, einige neue entdecken wir und lernen sie zu lieben. Das Ziel ist immer gefühlstechnisch vom Mangel (ich muss verzichten) in die Bereicherung (ich tue Gutes/ich bin dankbar für frisches Essen/ich entdecke neue Lieblingsprodukte) zu kommen.
Meinem Freund fällt die Umstellung total leicht. Er fühlt sich energiegeladen, hat keine Tiefs nach dem Mittagessen mehr und erkennt keine grösseren Nachteile. Bei mir dauert es länger. Zwar habe auch ich mehr Elan und weniger Energielöcher, aber mein Darm will sich nicht recht an die neue Ernährung gewöhnen. (Falls ich meinem Umfeld in dieser Zeit wortwörtlich gestunken habe; es tut mir leid!) Ich versuche die Sache mit Leichtigkeit anzugehen und gebe mir sechs Monate Zeit.
Heute achte ich nicht mehr nur bei Lebensmitteln auf die Zusammensetzung – es gibt Waschmittel mit tierischen Anteilen, wer hätte das gedacht? – und könnte glücklicher nicht sein. Meine Verdauung hat sich vollständig normalisiert und ich freue mich so sehr auf meine leckeren Mahlzeiten, dass ich praktisch nichts mehr vermisse. Das Einkaufen dauert nicht mehr ganz so lange und die "Friedhofsabteilung", wie ich die Fleischregale mittlerweile nenne, lasse ich ohne Wehmut komplett links liegen.
Zur Gesundheit kann ich nach sechs Monaten natürlich noch nicht viel sagen, aber ich fühle mich prächtig. Momentan gehe ich davon aus, dass ich lebenslänglich vegan bleiben werde. Für mich hat der Weg zu nachhaltig mehr Freude (am Essen) geführt.
Obwohl ich dadurch sehr gerne darüber spreche, dränge ich meine Einstellung niemandem auf. Ich weiss aus den vergangenen Lebensjahren, wie anstrengend es ist, sich mit einem überzeugten Veganer auf der Mission, die Welt zu retten, zu unterhalten. Wir kennen sicher alle den Spruch: Wie erkennst du eine Veganerin? Sie sagt es dir. Ist was dran.
Herzlich,
ani.actress
*Die Kimashow ist leider online nicht mehr verfügbar, ein Blick auf die Website der engagierten Studenten lohnt sich trotzdem. Es gibt auch unzählige weitere Dokumentationen, Bücher und Statistiken zum Thema, falls du dich genauer informieren willst.
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