Hallo Sonnenschein
Pünktlich zum Herbstbeginn steigen die Temperaturen wieder an und wir erleben "laue Sommerabende". Perfekt für die beginnende Theatersaison. Ganz kulturhungrig sorge ich dafür, dass gleich mehrere Veranstaltungsbesuche möglich sind. Und so erlebe ich einen wunderbaren Abend nach dem anderen!
Open-Air Kino
Für mich ist es die erste Filmvorführung unter freiem Himmel. Mein Freund und ich sind früh vor Ort, essen köstliche Süsskartoffelpommes und geniessen die letzten Sonnenstrahlen. Bald schon sitzen wir auf der Tribüne und sehen uns den Film "Vier Hochzeiten und ein Todesfall", auf einer riesigen Leinwand an. Der Film stammt aus unserem Geburtsjahr, 1994, und war einer der ersten grossen Erfolge für Hugh Grant. Zu dieser Zeit hat man noch ganz anders gefilmt. Die einzelnen Szenen sind länger als heute, es fehlen schnelle, harte Schnitte und der Titel beschreibt bereits den ganzen Plot des Filmes. Mir gefällt der Film, ich kann ihn durchaus empfehlen.
Don Camillo und Peppone
Dieses Theater in Bottighofen sorgt gleich doppelt für freudiges Wiedersehen. Einerseits treffe ich einen Kollegen aus der Schauspielschule. Er war ein Jahrgang unter mir und hat erst kürzlich die Abschlussprüfung bestanden – nochmals ganz herzliche Gratulation! Gemeinsam unterstützen wir andererseits einen weiteren Kollegen, der heute auf der Bühne steht. Ich finde es immer besonders schön, wenn ich ein Theater sehe und dank einer persönlichen Verbindung noch etwas mehr mit dem Ensemble mitfiebern kann.
TrioTria: "Du hast keine Chance, packe sie!"
Einen weiteren unvergesslichen Abend erlebe ich mit einer Kollegin, die ich noch gar nicht so lange kenne. Sie kommt aus dem Tanzbereich und wir haben uns im Sommer bei einem Projekt getroffen, aus dem wir letztlich beide ausgestiegen sind.
Wir sehen uns ein Stück des TrioTrias an. Wir kennen beide keine der drei talentierten Frauen, sondern ich stosse rein zufällig auf den Trailer für das Stück und muss unbedingt eine Karte kaufen. Im Theatersaal angekommen, setzt sich Urs Wehrli (du weisst schon, Urs von Ursus & Nadeschkin) direkt neben mich.
"Ui, da erlebe ich tatsächlich einen kleinen Fan-Girl-Moment, wenn Sie sich jetzt neben mich setzen", gebe ich offen zu.
"Aha, also haben Sie uns auch schon gesehen? Oder kennen Sie meine Bücher?" fragt er zurück.
"Klar, beides. Ich finde es vor allem bewundernswert, wie Sie es schaffen, sich über so viele Jahre hinweg treu zu bleiben. Das ist für mich als Kollegin sehr motivierend."
"Oh, Sie arbeiten auch im Bereich Kultur?"
"Ja, ich bin Schauspielerin."
"Wie schön. Ich unterstütze immer gerne junge Kolleg*innen, haben Sie vielleicht eine Visitenkarte?"
Wir tauschen Kontaktdaten aus und ich darf in den kommenden Wochen zweimal bei den Proben zuschauen und sogar meine Meinung äussern.
Natürlich passiert das alles nur in meinem Kopf. Im wahren Leben brauche ich einen Moment der Überwindung, des Mut-fassens und als ich bereit bin, ihn anzusprechen, ist der Augenblick bereits verflogen. (Spätestens aber dann, als meine Kollegin etwas zu laut fragt: "Kennst du Ursus & Nadeschkin?", ich sie mahnend in die Seite puffe und zurückzische: "Klar!" (wer kennt das Comedy Duo nicht?!), sie mit einem Kopfnicken in Herrn Wehrlis Richtung trotzdem noch fragt: "Hast du gesehen? Meinst du auch?" und ich unauffällig nicke und schnell das Thema wechsle.) Am Ende sitze ich schweigend da und fühle mich trotzdem geehrt.
Das Stück "Du hast keine Chance, packe sie!" ist eines der besten, die ich je gesehen habe.
So viel Liebe zum Detail, so viel Engagement der drei Darstellerinnen und einfach auf den Punkt gebracht. Ich ziehe den Hut und empfehle dir unbedingt, eine Vorstellung Ende Oktober in Bern zu besuchen!
Achtung, Fertig, Action!
Das diesjährige Gartentheater der Shake Company sorgt nicht nur für gewohnt viele Lacher (wer übrigens "The Show Must Go Wrong", gespielt vom selben Ensemble, noch nicht kennt, hat eine rasante Komödie, bei der ein Highlight das nächste jagt, verpasst und sollte dies dringendst nachholen), sondern in unserem Fall auch für eine herrliche Situationskomik.
An einer Stelle im Stück wird ein Zuschauer als Statist auf die Bühne geholt. Im Eiltempo werden seine drei Einsätze geprobt, sodass er nach der Erklärung für den Dritten, den Text vom Ersten nicht mehr weiss. Statt "Bitte, nicht schiessen!" sagt unser Statist etwas komplett anderes. Alle lachen, die Szene wird wiederholt und weiter geht’s zum zweiten Einsatz. Der Zuschauer soll eine Darstellerin auffangen, die sich rückwärts fallen lässt. In der Vorbereitung auf die grosse Szene wird der Statist von allen Seiten bedrängt, weicht von einer in die andere Richtung aus und fällt zuletzt geradewegs in den Brunnen. Das war so nicht geplant. Während sich die Schauspieler unter Lachen kurz besprechen, den Statisten zum Trockenföhnen ins Haus bringen, den Bühnenboden wischen und Mühe haben, sich zusammenzureissen, um mit ernster Miene weiterzuspielen, kriegt sich das Publikum kaum mehr ein vor Lachen.
Immer wieder geht ein Schmunzeln durch die Reihen und selbst im Auto auf der Rückfahrt fallen mein Freund und ich erneut in unkontrollierbares Lachen. Es war einfach zu lustig. Wie habe ich solche Momente von purer Freude und herzlichem Lachen voller Leichtigkeit, geteilt mit einer Gruppe von Mitmenschen, in den letzten Monaten vermisst.
Die Schatulle
Das Laientheater des Dorfes, in dem ich aufgewachsen bin, bietet dieses Jahr ein Freilichttheater in und um einen Thespiskarren. Meine Eltern, mein Freund und ich essen gemeinsam Abendbrot und schnappen uns dann Klappstühle und Decken. Mein Vater nimmt sich sogar den gemütlichen Liegestuhl. So versammeln wir uns vor der Wanderbühne und lassen uns vom witzigen Stück verzaubern. Wir sehen herrliche Darstellungen von ganz verschiedenen Charakteren und ich bin wie jedes Jahr begeistert von der Qualität der Laienproduktion.
Die Niere
Zu guter Letzt sehen wir eine Beziehungskomödie von Stefan Vögel. Das Thema führt bereits vor der Vorstellung zu einem angeregten und sehr interessanten Gespräch beim Abendessen im angrenzenden (sehr empfehlenswerten) Restaurant. Mein Freund und ich diskutieren über unsere Ansichten zum Thema Nierenspende und deren mögliche Auswirkung auf eine/unsere Beziehung. Ich liebe solche tiefgründigen Themen, die mir erlauben, für einen Moment in den Kopf meines Partners zu schauen. Das Stück selbst war zwar ein wenig vorhersehbar, aber durchaus pointenreich. Leider empfand ich die Vorstellung als noch nicht fertiggeprobt. Die Momente waren nicht ausgespielt, die gezeigte Leistung erfüllte meine Erwartungen nicht.
Ein wenig traurig bin ich schon, dass ich gerade nicht auf der Bühne stehen darf/kann/will. Ich hoffe, diese Spielfreude, welche jetzt ein wenig Wehmut auslöst, verlässt mich nie. Gleichzeitig bin ich auch froh, dass meine finanziellen Möglichkeiten dank der neuen Stelle einen regelmässigen Besuch von Kulturveranstaltungen weiterhin erlauben. Ob auf der Bühne oder im Zuschauerraum, ein Theaterabend bewegt.
Herzlich,
ani.actress
es gibt keine köstlichen Süsskartoffelpommes ! ;-)